Ich habe mich sehr gefreut, als ich am Wochenende in den Kieler Nachrichten den Artikel über das wohl nachhaltigste SUP der Welt entdeckte, welches der Extremsportler und Umweltaktivist Michael Walther und Jannek Grocholl von Board Lab aus Kiel realisiert haben.
Vor gut einem Jahr besuchte Michael mich nämlich in Kiel und wir sprachen über seine Vision von einem nachhaltigen Standup-Paddle-Board, welches einen möglichst geringen ökologischen Fussabdruck hinterlassen sollte. Ich erzählte ihm damals von meinen Erfahrungen mit verschiedenen Materialien und Bauweisen. Allerdings konnte ich ihm damals selbst nicht weiterhelfen, da ich beruflich leider zu stark eingespannt und außerdem gerade frisch mit meiner Werkstatt umgezogen war.
Aber es ist toll, dass er das Ziel so konsequent weiter verfolgt hat und mit Jannek Grocholl von Board Lab einen passenden Partner für die Umsetzung gefunden hat. Dass mit Fanatic auch ein großer Hersteller das Projekt unterstützt, finde ich bemerkenswert und weckt Hoffnung.
Echte Nachhaltigkeit
Die Grundansatz von Michael besteht darin, dass insbesondere bei Wassersportartikel, die generell ein absolutes Luxusprodukt sind, darauf geachtet wird, dass der Ressourcenverbrauch und die Auswirkungen auf die Umwelt auf ein Minimum reduziert werden. Die Argumente der Wirtschaft, dass Kunststoffprodukte aufgrund der langen Haltbarkeit nachhaltig sind, ist fadenscheinig. Sportgeräte sind immer Trends unterworfen, die von der Industrie massiv beworben werden, und bei vielen Wassersportlern Lust auf Neues geweckt wird, obwohl das vorhandene Equipment noch völlig intakt ist.
Bei dem SUP hatten Michael und Jannek deswegen den Anspruch ein Sportgerät zu entwickeln, dass in seinen Eigenschaften konkurrenzhähig zu den gängigen Massenprodukten ist und welches am Ende seines Lebenszykluzs problemlos entsorgt werden kann. Im Optimalfall durch natürliches Verrotten auf dem Komposthaufen.
Das ein solch hochwertiges Produkt Pflege benötigt, versteht sich von selbst. Wie ein gutes Paar Lederschuhe oder Gartenmöbel aus Massivholz, benötigt auch ein Holzsurfbrett alljährlich etwas Liebe und eine Auffrischung mit Öl oder Bootslack.
Hollow-Wood-Konstruktion mit Paulownia-Außenhülle
Bei der Konstruktion haben sich Michael und Jannek für eine klassische Hollow-Wood-Bauweise mit Rippen und Stringer entschieden. Durch die Vertiefung im Standbereich ist Umsetzung komplex. Es gibt einige kniffelige Übergangspunkte und Details, die dabei gelöst werden mussten.
Beim Innengerüst wurde offenbar Birkensperrholz verwendet. Es ist etwas schwerer als das häufig verwendete Pappelsperrholz, aber es franst nicht so schnell aus und die Konstruktion kann etwas filigraner ausfallen. Im Schadensfall ist zudem deutlich wasserresistenter. Pappelsperrholz neigt doch stark zum Schimmeln, wenn es mit Wasser in Kontakt kommt und verliert an Standfestigkeit.
Für die Außenhülle wurde Paulownia verwendet. Das muss man nicht mehr groß erklären. Paulownia, das Holz vom Kiri- bzw. Blauglockenbaum, bietet die perfekten Eigenschaften für Surfbretter. Es ist leicht, bietet eine ausreichenende Belastbarkeit und ist ziemlich wasserbeständig.
Für den vertieften Standbereich wurde aus optischen Gründen eine dunklere Holzart verwendet. Ich tippe auf ein Formteil aus verleimten Nussbaum- oder Mahagonifurnier.
Verleimt wurde sicherlich mit PU-Leim. Im Wasserbereich ist bisher leider umweltfreundliche Klebealternative in Sicht. Der Kleber ist wohl auch dann die Ursache dafür, dass das SUP (noch) nicht 100% nachhaltig ist. Ich bin aber optimistisch, dass die Industrie hier noch etwas entwickelt. Die Nachfrage ist definitiv vorhanden.
Die handwerkliche Ausführung sieht tiptop aus. Großes Kompliment an Jannek Grocholl.
Versiegelung mit Bio-Leinöl
Die Paulownia-Außenhülle des SUP wurde abschliessend nur mit einem Bio-Leinöl versiegelt. Das ist nicht nur umweltfreundlich, sondern spart man spart sich auch die nervigste Phase des Bauprozesses – das Lackieren.
Man muss nichts Abkleben (spart viele Rollen teures Kreppklebeband), man kämpft nicht mit Rotznasen, Fett- sowie Silikonflecken und muss nicht Ober- und Unterseite separat behandeln. Keine fiesen Dämpfe, keine Schutzmaske, Brille und Nitril-Handschuhe.
Einfach komplett ölen, ohne Angst mit dem Zeug in Berührung zu kommen und die Werkstatt duftet auch noch gut. Das wiederholt man auch gerne mehrfach. Herrlich.
Eine Machbarkeitsstudie
In der Pressemitteilung steht explizit, dass es sich um eine Machbarkeitsstudie handelt. Das sehe ich auch so.
Bei allem Idealismus muss berücksichtigen, dass Paulownia einfach ein sehr weiches Holz ist und Leinöl die Oberfläche nur wenig aushärtet. Wenn man sehr akkurat arbeitet und alle Fugen und Anschlusspunkte sauber hinbekommt, wie Jannek es in diesem Fall geschafft hat, reicht Leinöl aus, um so eine komplexe Hollow-Wood-Konstruktion mit Leinöl abzudichten. Aber die Empfindlichkeit des Holzes bleibt bestehen.
Man muss so ein SUP mit ein rohes Ei behandeln. Auf dem Wasser stellt dies erfahrungsgemäßig weniger ein Problem dar, Macken gibt es meist beim Transport oder beim Ablegen am Strand. Allein durch das höhere Eigengewicht eines SUPs hinterlassen kleine Steine und Muscheln sofort Spuren im Holz zurück.
Ich habe diese Erfahrung vor einigen Jahren selbst gemacht, als ich ein Kite-Surfboard in Hollow-Wood-Bauweise mit Leinöl-Versiegelung gebaut habe. Trotz penibler Verwendung einer Boardbag und Absuchen des Strandes nach Steinen vor dem Ablegen hatte ich nach einigen Surfsessions Druckstellen in den Decks. Ich konnte mir das anfangs überhaupt nicht erklären und zermatterte mir den Kopf, woher die Eindrücke kamen, bis es mir irgendwann plötzlich beim Gang zum Wasser auffiel. Beim Tragen unter dem Arm drückte die breite Plastikschnalle von meinem Trapezes leicht gegen das Board. Das reichte schon, um im Paulownia-Holz dauerhaft Spuren zu hinterlassen. Mit einem Bio-Bootslack konnte ich dieses Problem dann entschärfen. Aber ich passe seitdem auch mehr auf.
Bei einem SUP lässt sich nicht vermeiden, dass man ab und zu mit dem Paddel seitlich gegen die Rails kommt. Da werden Dellen und Macken nicht ausbleiben. Die Lösung könnte eine zusätzliche Zierleiste an den Rails aus einem Hartholz sein, wie es auch bei Autos häufig zu sehen ist.
Die Anmerkung mit der Empfindlichkeit ist jedoch Jammern auf hohem Niveau. Das Projekt ist wegweisend und ich hoffe, dass die Industrie langsam aufwacht und Holz weiterhin nicht nur zur Dekoration und zur Verstärkung als günstige Carbon-Alternative einsetzt. Ich bin gespannt, welche Erfahrungen Michael mit dem Prototyp sammelt und wie die nächste Version aussehen wird.
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